Reinhart Sellner:  Rede auf der Bildungsdemo in Linz am 2. Februar 2016

Gemeinsame Schule! Demokratische Schule! Mehr Geld für Bildung!

Reinhart Sellner, UGÖD-Vertreter in der ARGE LehrerInnen und im GÖD-Vorstand

 

Bildung kostet. Der Sozialstaat kostet. Wir brauchen keine weiteren Bildungssparpakete, keine Fortsetzung von Bildungs- und Sozialabbau, sondern eine soziale, demokratisch verfasste Budgetpolitik, in Österreich, in der EU und weltweit.
Im Flugblatt, das auf dem Weg zum Landhaus verteilt worden ist, bringt es die Oberösterreichische Bildungsinitiative auf den Punkt: „Das Mitte November vorgestellte "Reform-Konzept" der Bundesregierung lässt befürchten, dass die seit einem Vierteljahrhundert betriebenen Einsparungen im Bildungsbereich weitergehen sollen. Bei sinkendem Anteil am BIP und von Haus aus fehlenden 343 Mio. Euro im Budget (strukturelles Budgetdefizit) der Bildungsministerin wird die Lage der SchülerInnen, Studierenden und Lehrenden weiter verschärft. Bildung als Zukunftsinvestition darf aber kein Luxus werden, sondern ist verbrieftes Menschenrecht - für alle, unabhängig von Herkunft und Einkommen der Eltern, von Geschlecht und Staatsbürgerschaft.“
Die Austeritätspolitik der österreichischen Bundesregierung orientiert sich nicht an Menschenrechten, sondern exekutiert EU-weit für verbindlich erklärte Budgetrichtlinien zugunsten des deutschen und europäischen Finanzkapitals, Expansion und Profitmaximierung. Deregulierung und Aushebeln von ArbeitnehmerInnenrechten, Arbeitslosigkeit und Pensionskürzungen, steigende Armut für viele und wachsender Reichtum für immer weniger. Dazu die Privatisierung öffentlicher Aufgaben, Ausgliederung, Personalabbau und Sparprogramme öffentlicher Dienste, während Banken gerettet und Steuerprivilegien unangetastet bleiben.


Europäischer Gewerkschaftsbund fordert den Vorrang sozialer Rechte gegenüber Wirtschaftsfreiheit und Rating-Agenturen
Das Neoliberale Budgetregime ist noch intakt. Griechenland und die linke Syriza-Regierung wurden von konservativen wie sozialdemokratischen Regierungen der Eurogruppe noch einmal dem Diktat der Troika unterworfen. Aber die soziale Dauerkrise in den EU-Ländern, die von Wahlerfolge rechtsradikaler Parteien und von nationalistische Rechtsregierungen verstärkt wird, stärkt auch soziale Gegenbewegungen, internationale Solidarität und Zusammenarbeit „von unten“.
Nach Griechenland hat Portugal eine Linksregierung, in Spanien steht die Sozialdemokratie heute vor der Alternative Podemos oder neuerliche Koalition mit dem Neoliberalismus. Die europäischen Gewerkschaften haben auf der EGB-Konferenz Oktober 2015 im Oktober 2015 als ein vorrangiges Gewerkschaftsziel das Abgehen der EU-Regierungen von der Austeritätspolitik beschlossen. Als konkreter erster Schritt sollen Zukunftsinvestitionen in Bildung, Gesundheit und Soziales aus den Budgets der EU-Staaten herausgerechnet und nicht als Defizit gewertet werden.
The ETUC’s (ETUC=European Trade Unions Council) priorities for a better Europe are: A strong economy that serves the people. We demand investment for full employment and quality jobs for all. An end to austerity policies. We demand better wages to boost internal demand and recovery - workers in Europe need a pay rise, in order to reduce inequalities and fight poverty. Fundamental social rights must have precedence over economic freedoms. We demand policies for green jobs, a sustainable future, strong public services, fair taxation, an end to financial speculation and a revised European governance.
Die kämpferische Umsetzung dieses Beschlusses 2016 lässt noch auf sich warten. Sie ist auch unsere Sache, denn internationale gewerkschaftliche Solidarität ist notwendig, damit der österreichische Finanzminister die notwendigen Zukunftsinvestitionen in Schule und Schulreform freigibt.

 

Gemeinsame Schule, gemeinsame LehrerInnen, gemeinsame Bundesschulverwaltung
Das im November im Ministerrat beschlossene Schul-Verwaltungs-Reformkonzept der Bundesregierung wird von Bildungsbewegten auch innerhalb der SPÖ abgelehnt. ÖVP-Standespolitikern und machtbewusste Landeshauptleute wollen keine gemeinsame Schule, keine Schulautonomie in Bundeszuständigkeit, sondern den Ist-Zustand für weitere Jahrzehnte einzementieren. Die SPÖ-Spitze ist in ihrer Angst vor Neuwahlen und einer Neuauflage von Schwarz-Blau nicht nur in der Asylfrage anscheinend zu jedem Kompromiss bereit. Eine parlamentarische Verabschiedung dieses Schulverwaltungsreformpaketes, für die ÖVP-Lopatka die ÖVP gewinnen will, bedeutet
•    keine bundesweit gemeinsame Schul- und LehrerInnenverwaltung, sondern weiter die Herrschaft von Landeshauptmännern + ihrer Landesparteiapparaten über Schulverwaltung und „LandeslehrerInnen,
•    keine gemeinsame Schule, nicht einmal für ein gesamtschulbereites Bundesland, sondern weiter die Nebeneinanderverwaltung von Landes  für NMS/HS + AHS-Unterstufe,
•    keine gemeinsame Personalvertretung der LehrerInnen, sondern voneinander abgesonderte Landes- Bundespersonalvertretungen,
•    keine gemeinsame Bildungsgewerkschaft in der GÖD, sondern wie bisher das Nebeneinander von 5 LehrerInnengewerkschaften, deren FCG-/ÖAAB-Mehrheit am bildungs-politischen Status quo festhalten will. Das Gymnasium soll als AHS-Langform bewahrt und beim Bund bleiben, damit auf Landesebene die gut eingespielte Zusammenarbeit von LandeslehrerInnenvertretung mit Parteifreunden in Landesregierung und Landesschulrat nicht durch Bundeszuständigkeit und Gesamtschule ungestört fortgesetzt werden kann,
•    Autonomie als Mangelverwaltung, unter der Vormundschaft der Landeshauptleute, aber ohne demokratische Mitbestimmungsrechte bei der Wahl der Schulleitung oder bei der Schulentwicklung am Standort,
•    keine Verpflichtung des Dienstgebers  zur ausreichenden Finanzierung des Bildungswesens, keine vom Bund garantierten sozial indizierten und bedarfsgerechten Schulbudgets.

Die oö. Bildungsinitiative 2  hat am 2. Februar 2016 gegen diese Negativentwicklung und für ein qualitätsvolles Bildungssystem demonstriert: „Eine längst fällige Bildungsreform hätte eine qualitätsvolle gemeinsame Schule aller Schulpflichtigen statt weiter bestehender Früh"selektion", eine Demokratisierung der Schulstrukturen statt einer Verschärfung der Hierarchie und dringenderweise ausreichende Ressourcen statt Weitersparen bedeutet!“ KollegInnen aus Schulen, Eltern, SchülerInnen und Studierende haben ein Zeichen gegen Resignation und Fatalismus gesetzt, sie haben einen Anstoß gegeben für weitere gemeinsame Initiativen vor Ort, im überparteilichen ÖGB, in den „roten“ Gewerkschaften und in der „schwarzen“ GÖD. Zur Zeit läuft übrigens eine ÖGB-Kampagne zur Mitgliederwerbe, aber noch keine gegen die EU-Austeritätspolitik, das sollten wir nicht von außen kritisieren, sondern ändern: Join the Union – Change the Union.


Österreich ist eines der reichsten EU-Länder, die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auf, die Krise 2008 hat daran nichts geändert, im Gegenteil. Umverteilung von den wenigen Besitz-Mächtigen zu den vielen Armen und von Armut bedrohten ist möglich, Parlament und Regierung sind gefordert: vermögensbezogene Steuern sind zur Finanzierung der Sozial- und Bildungsausgaben notwendig, nicht nur in Österreich.
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2 Die Bildungsinitiative Oberösterreich unterstützen Solidarwerkstatt, Unabhängige GewerkschafterInnen in der GÖD, Österreichischen LehrerInnen-Initiative ÖLI-UG, kuli-UG, AKS, GLB, ÖH der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich, Sozialistischen Jugend OÖ, Verband Sozialistischer StudentInnen Österreichs und weiteren an Bildung Interessierten. Siehe: https://www.facebook.com/events/1676866709262654/

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