Alles Fasching, alles lustig?

Ein UGÖD-Kommentar zum Aschermittwoch und tiefschwarzer Stimmungsmacherei

 

von Reinhart Sellner

 

Die KollegInnen im öffentlichen Dienst leiden seit Jahren unter steigenden Belastungen.

 

Stimmungsmache  a‘la Quin ist keine Hilfe, sie verstärkt Enttäuschung und Resignation statt praktikable Lösungen aufzuzeigen. [1] 

 

Aufgabe von Gewerkschaft und GewerkschafterInnen ist die parteiunabhängige an Problemlösungen orientierte Vertretung der ArbeitnehmerInnen-Interessen.
Die Berufserfahrung und Problemlösungs-Kompetenz unserer KollegInnen muss gestärkt werden.
Wir fordern
o    lösungsorientierte Beratungsgespräche mit Bundesministerium und Landesschulbehörden,
o    Miteinbeziehung der KollegInnen und
o    umgehende Information der Schulen über die Gesprächsinhalte.
Damit Schulalltag und Schulreformen gelingen, brauchen wir den gewerkschaftlichen Kampf für ausreichende Ressourcen.
Wir brauchen eine klare Arbeitszeitregelung, die die veränderten Aufgaben widerspiegelt, und neben dem Unterricht auch Zeit für Beratung und individuelle Förderung vorsieht sowie bedarfsgerechte Arbeitsplätze an den Schulen.
Wir brauchen eine solidarische Mobilisierung gegen die restriktiven Budgetpolitik und für notwendige Investitionen in die öffentlichen Dienste.
Wir brauchen das Ende der EU-weiten Austeritätspolitik und vermögensbezogene Steuern. Von diesem Gedanken ist die der ÖVP verpflichtete „absolute“ GÖD-Mehrheitsfraktion FCG immer noch weit entfernt.
Der Faschingsbrief des AHS-Gewerkschaftsvorsitzenden an die AHS-Gewerkschafts-mitglieder bestätigt uns in unserer oppositionellen Gewerkschaftsarbeit in öffentlichem Dienst und ausgegliederten Betrieben:
Jointhe Union – Change the Union!

Aschermittwoch – der Fasching ist vorbei [2]
Während ich als einziger Frühaufsteher in der Familie alleine meinen Morgenkaffee schlürfe, versuche ich mir einzureden, dass die verschiedenen Meldungen der letzten Tage, die ich während des Frühstücks lese, nur durch ein Faktum erklärt werden können: Es ist Fasching.

 

ÖVP und Gesamtschule …
Der Vizekanzler antwortet auf die Frage, ob die ÖVP gegen die Gesamtschule sei: „Im Mittelpunkt stehen das Kind und die Eltern, die derzeit zu viel an Nachhilfe zahlen müssen. Ich möchte die Frage der Gesamtschule aber auch nicht aussparen. Auch da werden wir einen Weg finden – mit Modellregionen zum Beispiel.“ (1) Diese Aussage ist aus zweierlei Gründen bemerkenswert. Einerseits haben sich bei der Abstimmung im Rahmen des intensiv beworbenen „Evolutionsprozesses“, an der nur ÖVP-Mitglieder teilnehmen konnten, 84 % „für ein differenziertes Schulsystem“ ausgesprochen. Andererseits gehört Österreich international zu den Ländern mit dem geringsten Nachhilfeaufkommen.“ (dazu FußnoteQuin:„Bei PISA 2012 gaben 23 % der getesteten österreichischen Jugendlichen an,“[vorwiegend private, von Eltern bezahlte]„Mathematiknachhilfe zu bekommen. In Finnland“[wo öffentliche „Nachhilfe“ Teil des individuell fördernden schulgeldfreien finnischen Schulalltags ist]„waren es 47 %, in Südkorea 65 %, in Singapur 67 %, in Japan 70 % und in Shanghai 71 %. Siehe dazu PISA 2012-Datenbank, Abfrage vom 14. Februar 2015)“)

 

In der ÖVP bröselt die abendländische Bildungsfront, der Kämpfer für die Langform des Gymnasiums hat sich vom Obmannposten zurückgezogen, der neue Obmann Mitterlehner kommt, anders als Erwin Prölls Vorzugsstimmenkandidat Quin, aus Oberösterreich und sucht neue WählerInnenschichten für die ÖVP.
Quin nützt seine überparteiliche Vorsitzendenfunktion und instrumentalisiert das parteiunabhängig gesammelte gewerkschaftliche Adressenmaterial im innerparteilichen ÖVP-Konflikt für reaktionäres Macht- und Besitzstandswahren mit wirtschafts-liberalen wie sozial-christlichen FunktionärInnen.

Maturaskandal ff.
„Seit Jahren ist bekannt, dass in diesen Tagen rund 20.000 SchülerInnen ihre „Vorwissenschaftlichen Arbeiten“ auf einen Server hochladen müssen. Die Beherrschung von Grundrechnungsarten reicht, um sich daraus die zu erwartende Serverbelastung ausrechnen zu können – und trotzdem steht alles still. Diese Panne war wirklich zu vermeiden, die erste Reaktion des Ministeriums peinlich und falsch („Die Verzögerung bzw. Fehlermeldung beim Upload passiert nur bei Arbeiten mit sehr umfangreicher Datenmenge (etwa durch nicht komprimierte Bilder bzw. Grafiken).“), und die Problembehebung mehr als mangelhaft. Und es wird kein Fettnapf ausgelassen. Die Sicherheitsprüfung der Domain lieferte die Bewertung „F“, was einem Sechser in unserem Notensystem entspräche. Einen Tag, nachdem ich diese Unglaublichkeit medial aufgezeigt habe, ist es immerhin schon ein „C“ geworden, was beweist, wie leicht es wäre.“

 

Mit dem Skandalisieren von Problemen und Pannen bei unzureichend finanzierten, als sozialdemokratisch punzierten Reformprojekten im SPÖ-geführten BMBUKK/BMBF gelingt es dem ÖAAB/FCG-Vorsitzenden der AHS-Gewerkschaft immer noch von der Mitverantwortung der GÖD und damit auch der von ihm regierten AHS-Teilgewerkschaft an Reallohnverlusten, an ständig steigender Arbeitsbelastung und an den die ÖVP-SPÖ-Sparpolitik begleitende Pannen aller Art abzulenken.

ÖVP-FPÖ-SPÖ sei Dank:

Österreichs öffentlicher Dienst ist bereits kaputtgespart
„Aber Gott sei Dank“[(Achtung! Ironie!]„gibt es „unabhängige Experten“ wie den Präsidenten des Rechnungshofes. „Warum uns der aufgeblähte Staat Milliarden kostet“, erklärt er der für ihren Qualitätsjournalismus bekannten „Krone“. Der Anteil der Beschäftigen „in general government as a percentage of the labour force“ liegt in den am Hungertuch nagenden skandinavischen Staaten Finnland, Schweden, Dänemark oder Norwegen exorbitant über dem in Österreich (214, 245, 282 bzw. 287 % darüber). Im OECD-Mittel ist der Anteil immerhin noch um 45 % größer als hierzulande, und selbst in den USA, bekannt als Hort der staatlichen Planwirtschaft, liegt der Anteil um 35 % über dem in der Alpenrepublik.“


Die Koalitionspartner SPÖ und ÖVP haben sich auf einen restriktiven Budgetpfad geeinigt, den SPÖ- wie ÖVP-MinisterInnen befolgen und über den ein ÖVP-Finanzminister wacht. Bei dessen größten Problem, der „Ausgabenseite“ öffentlicher Dienst geschah und geschieht das Einsparen in der Regel im Einvernehmen mit einer, angesichts realer Nöte der KollegInnen grimmig polternden, am Ende aber ÖVP-parteidisziplinierten GÖD (vgl. Ausgliederungen, Nullohnrunde, Aufnahmestopp und Personalabbau, LehrerInnendienstrecht-neu und aktuell die budgetschonende Besoldungssystem-Reform).

 

„Und dann lese ich zum Abschluss folgende Meldung: „Schon vor der Notverstaatlichung Ende 2009“[unter QuinsParteifreund und damaligem ÖVP-Finanzminister Josef Pröll, der2011 in die Privatwirtschaft wechselte und in Folge Generaldirektor des zur Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien gehörenden Mischkonzerns Leipnik-Lundenburgerund Landesjägermeisterwurde]„galt die Krisenbank Hypo Alpe-Adria als Eldorado für Berater. Vor allem aber in der Zeit danach, ab 2010, wurden jede Menge Experten, Gutachter und Consultants unter Vertrag genommen. Dafür wurden bis Ende 2013 bereits wieder Summen jenseits von 250 Mio. Euro ausgegeben.

 

Quins Verdacht, dass dieses närrische Treiben am Aschermittwoch nicht zu Ende sein wird“ scheint berechtigt. Seine nächste Aussendung kommt bestimmt. Die beabsichtigte Wirkung ist ungewiß.

 

Immer weniger KollegInnen finden Gefallen am unsachlichen Polemisieren ihrer „Standesvertreter“. Die KollegInnen wünschen und brauchen konstruktive Gewerkschaftsarbeit, parteiunabhängiges Eintreten für ArbeitnehmerInnen-Interessen, aber auch Hilfe zur Selbsthilfe und Unterstützung für das Lösen anstehender Probleme.

Glück auf, trotz alledem!
Reinhart Sellner, UGÖD
Vertreter der ÖLI-UG in der AHS-Gewerkschaft und – gemeinsam mit drei APS- und BMHS-KollegInnen der ÖLI-UG – in der ARGE LehrerInnen der GÖD

[1] Die Sonntagspressestunde am 15.2.2015, dem Tag der Verbreitung von Quins „Es ist ja Fasching“, brachte GÖD-kompatible Aussagen der Grünen Parteivorsitzenden http://derstandard.at/2000011731799/Zentralmatura-Glawischnig-fordert-Ruecktritt-Heinisch-HoseksStimmungsmache statt sachkundig-lösungsorientierte Erklärung; Eva Glawischnig ist allerdings keine GewerkschafterIn. sondern Oppositionsparteipolitikerin. „Die Durchführung der Zentralmatura "ist dermaßen eine Katastrophe, ich kann nur sagen, die Ministerin ist aus meiner Sicht rücktrittsreif. Sie fährt sehenden Auges mit diesen Kindern an die Wand."

[2] Alle Zitate aus dem Gewerkschaftsrundmail des AHS-Vorsitzenden vom 15.2.2015: https://quinecke.wordpress.com/2015/02/15/es-ist-ja-fasching/

 

Dazu gibt es auch einen ausführlichen Text ...

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